FAZ Essay – der Podcast für die Geschichte hinter den Nachrichten

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FAZ Essay (Frankfurter Allgemeine Zeitung FAZ)

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Täter als Opfer, Opfer als Täter: die RAF

Täter als Opfer, Opfer als Täter: Auch fünfzig Jahre nach ihrer Gründung und gut zwanzig Jahre nach ihrer Selbstauflösung ist die "Rote Armee Fraktion" nicht Geschichte. Noch immer sind zahlreiche Morde nicht aufgeklärt. Auch die Propaganda der RAF verdient eine eingehende Analyse.

Täter als Opfer, Opfer als Täter: Von Dr. Harald Bergsdorf

Täter als Opfer, Opfer als Täter: Fünfzig Jahre nach ihrer Gründung am 14. Mai 1970 ist die "Rote Armee Fraktion" (RAF) noch längst nicht Geschichte. Gerade Jahrestage liefern immer wieder Anlässe, um sich mit der RAF zu befassen. Denn nach wie vor sind viele Morde nicht aufgeklärt, darunter die Attentate auf den MTU-Vorstandsvorsitzenden Ernst Zimmermann 1985, Siemens-Vorstand Karl Heinz Beckurts und seinen Fahrer Eckhard Groppler 1986, den Diplomaten Gerold von Braunmühl 1986, den Bankier Alfred Herrhausen 1989 und den Präsidenten der Treuhandanstalt Detlev Karsten Rohwedder 1991.

Täter als Opfer, Opfer als Täter: Das Abtauchen einer kleinen Gruppe junger Leute in den Untergrund, ihr terroristischer "Kampf" gegen die westdeutsche Wohlstandsgesellschaft und ihre offenkundige Bereitschaft, sowohl zu morden als auch selbst zu sterben, üben auf manche eine "morbide Faszination" (Petra Terhoeven) aus. Diese Gewaltbereitschaft verstört umso mehr, als die meisten RAF-Terroristen, insbesondere die führenden, nicht in bildungsfernen Milieus oder als Außenseiter aufgewachsen waren, sondern oft aus religiös und bildungsbürgerlich geprägten Elternhäusern stammten. Aus den sozialen Souterrains der Gesellschaft kam lediglich eine Minderheit in der RAF, darunter Peter-Jürgen Boock.

Täter als Opfer, Opfer als Täter: Immer noch mangelt es an Spezialstudien, etwa über die Rolle der Anwälte der RAF, die sich mehrheitlich als "Genossen" der Täter verstanden. Ebenso fehlt es an biographischen Untersuchungen über Führungsfiguren wie Brigitte Mohnhaupt und Birgit Hogefeld. Beide stehen für die Dominanz von Frauen in RAF-Führungspositionen. Ein weiteres Desiderat besteht in Studien vor allem über weniger prominente RAF-Opfer. Der Zeitgeschichtsschreibung bisher entgangen ist auch die Propaganda der Terroristen. Die RAF entwickelte eben auch eine Kommunikationsstrategie, um die Deutungshoheit über die eigenen Verbrechen zu erlangen.

Täter als Opfer, Opfer als Täter: Um ihre Untaten als "antifaschistische Aktionen" zu legitimieren, stilisierte die RAF die damalige Bundesrepublik ausgerechnet unter Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) zu einem "faschistischen Repressionsstaat" und einer Marionette der "imperialistischen" Vereinigten Staaten, die seinerzeit in Vietnam einen tatsächlich besonders brutalen Krieg gegen ein totalitäres Regime führten. Zu den zentralen Elementen der RAF-Propaganda gehörte auch der Vorwurf, die Bundesrepublik habe den Nationalsozialismus, den die RAF meist verharmlosend "Faschismus" nannte, beinahe "restauriert". Ideologisch basierte dieser Vorwurf auf der kommunistischen Doktrin, wonach "Faschismus" und "bürgerliche Demokratie" lediglich zwei Varianten des einen "Kapitalismus" seien. Aus dieser Sicht gründet der "Faschismus" auf dem "Kapitalismus". Umgekehrt lauere in jeder "kapitalistischen" Gesellschaft der "Faschismus".

Täter als Opfer, Opfer als Täter: Grundsätzlich ließ sich ein solcher Vorwurf in der Bundesrepublik nach der Hitler-Diktatur leichter erheben als in anderen Ländern. Das machte sich die RAF zunutze - und stilisierte zugleich den chinesischen Massenmörder Mao zu einem Helden. Nach dessen Vorbild wollte sie gemäß ihrem "Konzept Stadtguerilla" die "kapitalistische" Bundesrepublik "befreien" - durch den "bewaffneten Kampf" als "höchster Form" des Marxismus-Leninismus. Aus der Perspektive der Terroristen war es kein Widerspruch, den Vorwurf der "Restauration" gegen ein Land zu erheben, dessen Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) als Gegner der Nationalsozialisten ins Exil hatte gehen müssen.

Täter als Opfer, Opfer als Täter: Vielmehr hatte die RAF ihren Hass auf "reformistische" Politiker wie ihn schon in ihrem "Konzept Stadtguerilla" artikuliert. Darin hieß es, die "reformistische Linie" ziele darauf, den "Kapitalismus" sozialer zu gestalten. Ein solcher "Reformismus" drohe, die "Arbeiterklasse" vom "Klassenkampf" zu "entfremden" und den "Kapitalismus", also rechtsstaatliche Demokratie und Soziale Marktwirtschaft, zu stabilisieren - aus Sicht der Terroristen besonders verwerflich. Tatsächlich war in der Bundesrepublik seit den fünfziger Jahren im Widerspruch zur Marxschen Lehre nicht die "Verelendung" gewachsen, sondern der Wohlstand der "Massen". Die Massen aber bestanden aus Sicht der RAF-Sicht aus korrumpierten Konsumidioten, denen "revolutionäres Bewusstsein" fehlte.

Täter als Opfer, Opfer als Täter: Um den "Kapitalismus" möglichst wirkungsvoll zu bekämpfen, instrumentalisierte die RAF den Nationalsozialismus, den sie bevorzugt "Nazismus" nannte, um den "Sozialismus"-Teil des NS-Begriffs unter den Teppich zu kehren. Durch ihren "antifaschistischen Kampf" gegen den "Kapitalismus" wollte die RAF die Bundesrepublik diskreditieren und sich selbst als fortschrittlich inszenieren. Ulrike Meinhof antwortete daher einst vor Gericht auf die Frage nach ihrem Beruf, sie sei "Antifaschistin". Stefan Wisniewski, ein Hauptverantwortlicher für die Morde im Jahr 1977, trug bei einem Auftritt vor Gericht einen Pullover mit der NSDAP-Mitgliedsnummer des ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback und dem Zusatz "Verfolgt diese Spur". Wisniewski wollte von RAF-Morden ablenken und sie als "antifaschistische Aktionen" gegen Personen rechtfertigen, die - wie Buback und das einstige SS-Mitglied Hanns Martin Schleyer - in der Bundesrepublik in hohe Ämter und Funktionen aufgestiegen waren. Noch in ihrer Auflösungserklärung im April 1998 versuchte die RAF, ihre Verbrechen durch den Hinweis zu legitimieren, die Bundesrepublik habe mit ihrer "nationalsozialistischen Vergangenheit nicht gebrochen". Das hinderte die Terroristen freilich nicht daran, immer wieder mit den Terrororganisationen der Palästinenser zu kollaborieren, die Israel, den "imperialistischen Komplizen" der Vereinigten Staaten, auslöschen woll(t)en.

Täter als Opfer, Opfer als Täter: Tatsächlich gab es personelle Kontinuitäten zwischen dem Nationalsozialismus und den Eliten der Bundesrepublik. Das galt für Parteien, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft. Zwar basierten sowohl die Verfassungsordnung als auch die innen- und außenpolitischen Grundlinien der Bundesrepublik auf einem Anti-Hitler-Konsens. Auch hatten sich maßgebliche Gründer der Bundesrepublik wie Konrad Adenauer und Kurt Schumacher vom Nationalsozialismus ferngehalten oder die Hitler-Diktatur aktiv bekämpft. Doch agierten in Politik und öffentlichen Ämtern damals auch Personen, die auf die eine oder andere Weise Teil des NS-Regimes gewesen waren. Wichtige Signale gegen manche Widerstände hatte die Bundesregierung Adenauer dagegen sowohl mit ihrer politisch und moralisch gebotenen Politik der "Wiedergutmachung" gegenüber Israel und dem Judentum gesetzt als auch mit dem von der Bundesregierung beantragten und vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochenen Verbot der Sozialistischen Reichspartei (SRP) im Jahr 1952.

Täter als Opfer, Opfer als Täter: Insgesamt waren die Versuche der RAF, die Bundesrepublik als "faschistischen Repressionsstaat" zu diskreditieren, weitgehend faktenfern. Letztlich lassen sie sich eher mit ideologischer Verblendung als mit Unwissen erklären. Doch auch daran mangelte es nicht. Bezeichnenderweise war in dem Emblem der RAF nicht eine sowjetische Kalaschnikow abgebildet, das Symbol der Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt, sondern die MP 5 des Herstellers Heckler & Koch, die bei der deutschen Polizei in Gebrauch war.

Täter als Opfer, Opfer als Täter: Im Ergebnis scheiterte der Versuch der RAF, durch ihren Terror die Sicherheitsbehörden zu überharten Reaktionen zu provozieren, um so den "Repressionsstaat" als offen "faschistisch" zu enttarnen und die "Massen" zu radikalisieren. Die Kollektivschuld, die RAF-Kader der Bundesrepublik anlasteten, war zudem dazu geeignet, die persönliche und konkrete Schuld realer NS-Täter zu vernebeln. Obendrein kollaborierte die RAF jahrelang nicht nur mit der antisemitischen Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) unter Yassir Arafat, sondern auch mit der israelfeindlichen SED, die gerade mit Hilfe des Ministeriums für Staatssicherheit in der DDR einen Repressionsstaat unterhielt. Zudem konnten in Ost-Berlin vormalige Nationalsozialisten über Jahrzehnte in mitunter hohen Funktionen wirken.

Zu den Kennzeichen der Propaganda der RAF gehörte es, eine Täter-Opfer-Umkehr zu betreiben, das heißt: Täter zu viktimisieren und Opfer zu entmenschlichen - etwa als "Kapitalisten-, Bullen- und Nazischweine". Um ihre Morde als "Notwehr" zu legitimieren, hatten die Terroristen schon in ihrem "Konzept Stadtguerilla" von 1971 proklamiert: "Stadtguerilla heißt, sich von der Gewalt des Systems nicht demoralisieren zu lassen." Und noch in ihrer Auflösungserklärung aus dem Jahr 1998 hieß es: "Wir haben gewalttätige Verhältnisse mit der Gewalt der Revolte beantwortet."

Zu den Kennzeichen der Propaganda der RAF gehörte es, eine Täter-Opfer-Umkehr zu betreiben, das heißt: Schon die Tötung des Studenten Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 durch den Polizisten Karl-Heinz Kurras hatten spätere RAF-Gründer genutzt, um zum gewalttätigen "Kampf" gegen die Bundesrepublik aufzurufen. Hierbei hatten sie sich durchaus nicht nur auf Fiktionen gestützt. Denn zum einen hatte Kurras den unbewaffneten Studenten von hinten erschossen. Zum anderen war der Täter vor Gericht wegen schuldausschließender Notwehr ("putativer Notwehr") freigesprochen worden. Kurras hatte glauben machen können, sich durch den unbewaffneten Studenten mit einem Messer angegriffen gefühlt zu haben.

Später nutzte die RAF die Tötung Benno Ohnesorgs und den Freispruch des Polizisten für ihre Propaganda gegen den "faschistischen Repressionsstaat" und zur Legitimation ihrer Morde. Dass der später als Zuträger des MfS enttarnte Kurras sein Opfer im Auftrag Ost-Berlins ermordet hat, lässt sich bislang nicht belegen, würde aber wenig verwundern. Gudrun Ensslin hatte bereits kurz nach der Erschießung Ohnesorgs durch Kurras den Aufruf formuliert: "Dieser faschistische Staat ist darauf aus, uns alle zu töten . . . Gewalt kann nur mit Gewalt beantwortet werden." Ihrerseits instrumentalisierte die "Bewegung 2. Juni", die 1972 in Berlin entstand, das Datum der Tötung Ohnesorgs in ihrer Selbstbezeichnung, um ihren Terror als vermeintliche "Gegengewalt" zu legitimieren.

Im "Kampf" gegen den angeblich strukturell gewalttätigen "Kapitalismus" hatte Ulrike Meinhof bereits im Juni 1970 den Einsatz von Schusswaffen gegen Polizeibeamte als Vertreter des "faschistischen Repressionsstaates" propagiert. Offen oder verdeckt angespielt wurde dabei immer auf die Notstands- und die Antiterrorgesetze, die der Bundestag 1968 beschlossen hatte. Diese wurden in eine Neuauflage von NS-Gesetzen umgedeutet, was ebenfalls auf eine Verharmlosung der Hitler-Diktatur hinauslief. In ihrem "Schießbefehl" hatte die RAF-Propagandachefin formuliert: "Wir sagen natürlich . . . der Typ in Uniform ist ein Schwein, kein Mensch . . . und natürlich kann geschossen werden!" Denn Aufgabe der "Bullen" sei es, die "Verbrechen des Systems zu schützen".

Im "Kampf" gegen den angeblich strukturell gewalttätigen "Kapitalismus" hatte Ulrike Meinhof bereits im Juni 1970 den Einsatz von Schusswaffen gegen Polizeibeamte als Vertreter des "faschistischen Repressionsstaates" propagiert. Offen oder verdeckt angespielt wurde dabei immer auf die Notstands- und die Antiterrorgesetze, die der Bundestag 1968 beschlossen hatte. Diese wurden in eine Neuauflage von NS-Gesetzen umgedeutet, was ebenfalls auf eine Verharmlosung der Hitler-Diktatur hinauslief. In ihrem "Schießbefehl" hatte die RAF-Propagandachefin formuliert: Tatsächlich war die Mehrzahl der RAF-Mitglieder bei ihrer Verhaftung mit geladenen und entsicherten Pistolen bewaffnet, darunter Brigitte Mohnhaupt und Adelheid Schulz im Jahr 1982 bei ihrer Festnahme am RAF-Zentraldepot nahe Heusenstamm und Christian Klar - äußerlich stark verändert und als Jogger getarnt - bei seiner Festnahme im selben Jahr am RAF-Depot "Daphne" im Sachsenwald. Bei Zugriffsversuchen töteten RAF-Kader mehrfach einfache Polizeibeamte. Immer wieder verwendeten die Terroristen auch Schrapnellmunition, um besonders schwere Verletzungen zu verursachen. Um sich als Opfer des angeblich strukturell gewalttätigen "Kapitalismus" zu stilisieren, überschrieb die RAF ihre Selbstbezichtigungen ("Kommandoerklärungen") nach ihren Mordanschlägen üblicherweise mit Namen von Mitgliedern, die durch Selbsttötung gestorben oder bei Polizeieinsätzen getötet worden waren.

Im "Kampf" gegen den angeblich strukturell gewalttätigen "Kapitalismus" hatte Ulrike Meinhof bereits im Juni 1970 den Einsatz von Schusswaffen gegen Polizeibeamte als Vertreter des "faschistischen Repressionsstaates" propagiert. Offen oder verdeckt angespielt wurde dabei immer auf die Notstands- und die Antiterrorgesetze, die der Bundestag 1968 beschlossen hatte. Diese wurden in eine Neuauflage von NS-Gesetzen umgedeutet, was ebenfalls auf eine Verharmlosung der Hitler-Diktatur hinauslief. In ihrem "Schießbefehl" hatte die RAF-Propagandachefin formuliert: Einen Höhepunkt erreichte die Propaganda gegen den "faschistischen Repressionsstaat" und gegen die "kapitalistische Klassenjustiz" 1972 nach der Verhaftung fast der gesamten Spitze der sogenannten ersten RAF-Generation. In der zweiten Generation nahmen daraufhin die Versuche breiten Raum ein, die inhaftierten Gesinnungsgenossen freizupressen. Zum einen agitierte die RAF dabei mit den Propagandabegriffen "Isolationsfolter" und "Vernichtungshaft", zum anderen setzte sie auf "kollektive Hungerstreiks", um den "Kampf" aus der Haft heraus fortzusetzen. Zwar litten RAF-Gefangene - wie Ulrike Meinhof in der Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf - phasenweise unter sehr harten Haftbedingungen, Diese sollten unter anderem bewaffnete Befreiungsversuche, wie sie die RAF propagiert hatte, und Selbsttötungen von Gefangenen erschweren.

Im "Kampf" gegen den angeblich strukturell gewalttätigen "Kapitalismus" hatte Ulrike Meinhof bereits im Juni 1970 den Einsatz von Schusswaffen gegen Polizeibeamte als Vertreter des "faschistischen Repressionsstaates" propagiert. Offen oder verdeckt angespielt wurde dabei immer auf die Notstands- und die Antiterrorgesetze, die der Bundestag 1968 beschlossen hatte. Diese wurden in eine Neuauflage von NS-Gesetzen umgedeutet, was ebenfalls auf eine Verharmlosung der Hitler-Diktatur hinauslief. In ihrem "Schießbefehl" hatte die RAF-Propagandachefin formuliert: Kritiker monierten damals, die Zelle Meinhofs sei rund um die Uhr beleuchtet. Darüber hinaus dürfe sie im "toten Trakt" nur selten Besuch empfangen, und das ausschließlich unter polizeilicher Überwachung. Letztlich leide sie unter sozialer Isolation und sowohl akustischem als auch visuellem Reizentzug ("sensorische Deprivation"). Meinhof scheute sich damals nicht, das eigene Schicksal in Ossendorf mit den Mordfabriken in Auschwitz nahezu gleichzusetzen - fast gleichzeitig pries sie den palästinensischen Mordanschlag im Jahr 1972 auf israelische Sportler in München, mit dem auch sie freigepresst werden sollte, als "antifaschistische" und antiimperialistische Großtat der "Menschlichkeit".

Im Hochsicherheitsgefängnis Stuttgart-Stammheim brach der Strafvollzug unter dem Druck der RAF-Sympathisantenszene mit zwei Grundsätzen: zum einen dem Prinzip, Männer und Frauen getrennt unterzubringen, und zum anderen der Regel, Beschuldigte eines Verfahrens getrennt unterzubringen, um Absprachen zu erschweren. Dadurch verbrachten die Häftlinge täglich mehrere Stunden miteinander im "Umschluss". Obendrein empfingen sie häufig Besuch, erhielten eine besondere Verpflegung und konnten Sportgeräte benutzen - nicht zuletzt, um ihre Verhandlungsfähigkeit zu sichern. Beachtlich war auch die Literatur in den Haftzellen. Darunter waren nicht nur Werke von Marx - als dem geistigen Urvater des gewaltsamen "Antikapitalismus" -, Lenin und Mao, sondern auch "Guerrilla"-Literatur, unter anderem über moderne Sprengtechniken, sowie polizeiliche Fachliteratur, etwa über moderne Fahndungsmethoden.

Im Hochsicherheitsgefängnis Stuttgart-Stammheim brach der Strafvollzug unter dem Druck der RAF-Sympathisantenszene mit zwei Grundsätzen: Das alles vernebelten die "politischen Gefangenen" der RAF, die entgegen ihrer Propaganda nicht wegen ihrer politischen Überzeugungen, sondern wegen des dringenden Verdachts schwerster Straftaten inhaftiert waren. Obendrein erreichten die Terroristen und ihre Anwälte, dass Brigitte Mohnhaupt 1976 nach Stammheim verlegt wurde. Zuvor hatte sich Ulrike Meinhof 1976 nach schweren Auseinandersetzungen innerhalb der RAF-Spitze in der Haft das Leben genommen.

Im Hochsicherheitsgefängnis Stuttgart-Stammheim brach der Strafvollzug unter dem Druck der RAF-Sympathisantenszene mit zwei Grundsätzen: Mit der Verlegung Mohnhaupts wollten die Politiker der RAF-Propaganda über die Haftbedingungen entgegenwirken. Freilich nutzten Andreas Baader und Gudrun Ensslin die Zeit bis zur Haftentlassung Mohnhaupts im Februar 1977, um mit ihr die Mordanschläge der Folgezeit zu planen. Unter massivem Druck der "Stammheimer" auf ihre Genossen im Untergrund forcierte die sogenannte zweite Generation um Mohnhaupt auch ihre Versuche, die inhaftierte RAF-Spitze freizupressen.

Im Hochsicherheitsgefängnis Stuttgart-Stammheim brach der Strafvollzug unter dem Druck der RAF-Sympathisantenszene mit zwei Grundsätzen: Die Agitation der Terroristen gegen die "Isolationsfolter" wurde unter anderem von zahlreichen RAF-Anwälten sowie Intellektuellen wie Jean-Paul Sartre und Heinrich Böll gefördert. Auch sie hatten sich frühzeitig an Desinformationskampagnen beteiligt, indem sie die damalige Bundesrepublik in die Nähe des "Dritten Reiches" rückten. Im Kern zielte die RAF darauf, Täter zu Opfern zu stilisieren, um die wirklichen Opfer herabzuwürdigen und als die wahren Täter darzustellen. 1972 war dafür die Mao-Parole herangezogen worden, wonach Bedeutung und Lebensrecht von Opfern "fortschrittlichen" Terrors letztlich weniger wögen als "Schwanenflaum" und getötete beziehungsweise verstorbene Mitglieder der "Guerilla des Volkes" in ihrem Wert mehr Gewicht aufbrächten als ein "Berg".

Als weiteres Druckmittel der RAF gegen den "faschistischen Repressionsstaat" fungierten "kollektive" Hungerstreiks. Gerade auch durch den Einsatz von Körpern als Waffe versuchte die RAF-Spitze, Täter als Opfer zu präsentieren. Hierbei kalkulierte die Führungsriege um Ensslin und Baader, die ihre Hungerstreiks immer wieder heimlich unterbrachen, frühzeitig mit Todesopfern unter ihren Gesinnungsgenossen, um auf diesem Weg den öffentlichen Druck auf die Politik zu erhöhen. Wörtlich hieß es dazu in einem Zellenzirkular von 1973: "wir brauchen eine leiche . . . eine leiche und wir haben was in der Hand". Daher forderten Ensslin und Baader von ihren Mitstreitern in den Hungerstreiks immer wieder, weiter an Körpergewicht zu verlieren.

Als weiteres Druckmittel der RAF gegen den "faschistischen Repressionsstaat" fungierten "kollektive" Hungerstreiks. Gerade auch durch den Einsatz von Körpern als Waffe versuchte die RAF-Spitze, Täter als Opfer zu präsentieren. Hierbei kalkulierte die Führungsriege um Ensslin und Baader, die ihre Hungerstreiks immer wieder heimlich unterbrachen, frühzeitig mit Todesopfern unter ihren Gesinnungsgenossen, um auf diesem Weg den öffentlichen Druck auf die Politik zu erhöhen. Wörtlich hieß es dazu in einem Zellenzirkular von 1973: Im November 1974 starb Holger Meins trotz Zwangsernährung an den Folgen des Hungerstreiks - nach seinem Tod bemängelten Kritiker medizinische Versäumnisse bei der ärztlichen Betreuung des Inhaftierten. Das wirkmächtige Bild seines Leichnams erinnerte Birgit Hogefeld an NS-Opfer in Auschwitz. Den Tod und das Foto seines Leichnams nutzte die RAF zur Rekrutierung neuer Mitglieder und für ihren propagandistischen "Kampf" mit Worten und Bildern gegen den "faschistischen Repressionsstaat", der Meins auf dem Gewissen habe.

Als weiteres Druckmittel der RAF gegen den "faschistischen Repressionsstaat" fungierten "kollektive" Hungerstreiks. Gerade auch durch den Einsatz von Körpern als Waffe versuchte die RAF-Spitze, Täter als Opfer zu präsentieren. Hierbei kalkulierte die Führungsriege um Ensslin und Baader, die ihre Hungerstreiks immer wieder heimlich unterbrachen, frühzeitig mit Todesopfern unter ihren Gesinnungsgenossen, um auf diesem Weg den öffentlichen Druck auf die Politik zu erhöhen. Wörtlich hieß es dazu in einem Zellenzirkular von 1973: Ähnlich agitierte die RAF nach der Selbsttötung Meinhofs im Mai 1976 und den Suiziden Baaders, Ensslins und Jan-Karl Raspes im Oktober 1977 nach dem Scheitern mehrerer Versuche, die inhaftierte RAF-Spitze durch Entführungen und Morde freizupressen.

Letztlich versuchte die RAF durchgängig, die eigenen Verbrechen durch Verweis auf den "gewalttätigen Kapitalismus" zu legitimieren. So hieß es in ihrer Auflösungserklärung, die bezeichnenderweise auf den Geburtstag Adolf Hitlers datiert war: "Wir stehen zu unserer Geschichte . . . Wir sind froh, Teil dieses Versuchs gewesen zu sein . . . Das Ende des Projektes zeigt, dass wir auf diesem Weg nicht durchkommen konnten. Aber es spricht nicht gegen die Notwendigkeit und Legitimation der Revolte . . . Denn der tatsächliche Terror besteht im Normalzustand des ökonomischen Systems". Es ist symptomatisch, dass die RAF in diesem Text nur an ein einziges ihrer Opfer erinnerte, den 1977 ermordeten Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer - um ihn nochmals ausschließlich als Täter darzustellen, ohne natürlich an sein Engagement in der rechtsstaatlichen Demokratie zu erinnern.

Letztlich versuchte die RAF durchgängig, die eigenen Verbrechen durch Verweis auf den "gewalttätigen Kapitalismus" zu legitimieren. So hieß es in ihrer Auflösungserklärung, die bezeichnenderweise auf den Geburtstag Adolf Hitlers datiert war: Im Ergebnis haben Terror samt Propaganda der RAF die Bundesrepublik zwar erschüttert, aber in ihrer Substanz und Existenz nie gefährdet. Die Morde der RAF waren zunächst eine Herausforderung für die öffentliche Sicherheit. Nie war die freiheitlich-demokratische Grundordnung selbst durch die Terroristen gefährdet. Zu keiner Zeit gelang es ihr, mehr als nur eine kleine, aber laute Gruppe an Sympathisanten hinter sich zu scharen. Die große Mehrheit der Deutschen, allen voran die Arbeiter, liebäugelte nie mit den Terroristen oder mit ihren Zielen.

Letztlich versuchte die RAF durchgängig, die eigenen Verbrechen durch Verweis auf den "gewalttätigen Kapitalismus" zu legitimieren. So hieß es in ihrer Auflösungserklärung, die bezeichnenderweise auf den Geburtstag Adolf Hitlers datiert war: Die weitgehende und zunehmende Isolierung der RAF gründete zum einen auf der Brutalität der Terroristen, die weder vor der Tötung junger Polizisten zurückschreckten noch vor der besonders perfiden Ermordung des jungen US-Soldaten Edward Pimental durch einen Genickschuss. Dessen Hinrichtung im Jahr 1985 und damit lange nach dem Ende des Vietnamkrieges stieß selbst im Umfeld der Terroristen auf Kritik, wenngleich eher aus strategischen als moralischen Gründen. Schon 1977 war die RAF als Auftraggeberin (mit-)verantwortlich für die Entführung eines Flugzeugs der Lufthansa mit zahlreichen gewöhnlichen Reisenden an Bord, darunter einigen Kindern. Die Palästinenser, die mit dieser Aktion dazu beitragen wollten, RAF-Häftlinge freizupressen, ermordeten bei der Entführung der "Landshut" nach Mogadischu den Flugkapitän Jürgen Schumann.

Letztlich versuchte die RAF durchgängig, die eigenen Verbrechen durch Verweis auf den "gewalttätigen Kapitalismus" zu legitimieren. So hieß es in ihrer Auflösungserklärung, die bezeichnenderweise auf den Geburtstag Adolf Hitlers datiert war: Zum anderen basierte die Isolierung der RAF sowohl auf der breiten Unterstützung der rechtsstaatlichen Demokratie und Sozialen Marktwirtschaft als auch des Handelns der verantwortlichen Politiker bei der Terrorbekämpfung durch die Bevölkerung. Die maßgeblichen Parteien - SPD, CDU/CSU und FDP - reagierten besonnen auf die terroristische Bedrohung. So zeigten sie während der Schleyer-Entführung 1977 Härte und gaben Erpressern - anders als während der Entführung des Berliner CDU-Politikers Peter Lorenz 1975 durch die "Bewegung 2. Juni" - nicht nach. Mit dieser Haltung wollten sie an potentielle Nachahmer ein klares Signal auszusenden, weil zwei durch die Lorenz-Entführung freigepresste Terroristen danach ihren "Kampf" in der RAF fortgesetzt hatten.

Letztlich versuchte die RAF durchgängig, die eigenen Verbrechen durch Verweis auf den "gewalttätigen Kapitalismus" zu legitimieren. So hieß es in ihrer Auflösungserklärung, die bezeichnenderweise auf den Geburtstag Adolf Hitlers datiert war: Dass der demokratische Rechtsstaat gegenüber reuigen RAF-Mördern, wenn sie Kooperationsbereitschaft zeigten, auch zur Milde fähig war, belegt der Fall Werner Lotze, der trotz eines vollendeten Mordes bereits nach fünfeinhalb Jahren Haft auf Bewährung freigelassen wurde. Lotze profitierte von der Kronzeugenregelung, weil er über seine und Tatbeiträge anderer RAF-Täter ausgesagt hatte. Auch durch die Verkürzung langjähriger Haftstrafen im Zuge der nach dem damaligen Bundesjustizminister benannten "Kinkel-Initiative" von 1992 bewies der demokratische Rechtsstaat seine Bereitschaft zur "Versöhnung". Obendrein vermochte die Regierung durch diese Initiative, die auf den seinerzeitigen Bundeskanzler Helmut Kohl zurückging, die RAF zu spalten und weiter zu schwächen.

Letztlich versuchte die RAF durchgängig, die eigenen Verbrechen durch Verweis auf den "gewalttätigen Kapitalismus" zu legitimieren. So hieß es in ihrer Auflösungserklärung, die bezeichnenderweise auf den Geburtstag Adolf Hitlers datiert war: Auf andere Art besonnen hatte bereits 1977 der damalige Oberbürgermeister von Stuttgart, Manfred Rommel, Sohn eines Generals der Wehrmacht, auf hasserfüllte Forderungen aus der Bevölkerung reagiert, Ensslin, Baader und Raspe auf einer Müllhalde zu verscharren. Rommel widersprach dem deutlich. Der CDU-Politiker plädierte vielmehr dafür, alle drei Terroristen in Stuttgart zu bestatten, weil mit dem Tod jede Feindschaft aufhören müsse. Nebenbei erschwerte eine solche Haltung die RAF-Propaganda gegen den "faschistischen Repressionsstaat". Auch künftig sind Freiheitsfeinde jeglicher Couleur möglichst konsequent, ohne Über- oder Unterreaktionen und nur mit Maß und Mitte zu bekämpfen.

Über diesen Podcast

Ein Blick zurück auf die Studentenrevolte von 1968, die von Markus Söder angezettelte Kreuz-Debatte oder der katalanische Nationalismus: Der neue Podcast FAZ Essay widmet sich jede Woche aktuellen politischen und gesellschaftlichen Ereignissen – und gibt ihnen mit geistreichen Beiträgen von Wissenschaftlern und Politikern Tiefe und Substanz. Daniel Deckers, Politikredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, trägt die Essays aus dem Ressort „Die Gegenwart“ vor – und bietet damit umfassende Einsichten in die Geschichte hinter den Nachrichten.

von und mit Frankfurter Allgemeine Zeitung FAZ

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